Bereits mit zwei Veröffentlichungen (1, 2) reportierten wir das Bemühen einer mobilen Pflegehelferin gegenüber ihrem vormaligen Dienstgeber, dem NÖ HILFSWERK, vor dem Arbeits- & Sozialgericht Korneuburg zu ihrem Recht zu kommen. Hintergrund der Klage der Pflegefachkraft gegen das HILFSWERK war die Anwendung sogenannter“Auslastungsquoten„, die die ÖVP-nahe Organisation angewandt hat um sich offensichtlich Unsummen an Lohngeldern zu ersparen. Den Beschäftigten die im Bereich der mobilen Pflege- und Betreuungsdienste tätig sind, wurden nämlich u.a. die Fahrtzeiten die beispielsweise zwischen Patientenbetreuungen vorgenommen wurden um von Patient A zu Patient B zu gelangen nicht in dem Umfang bezahlt, wie sie tatsächlich anfielen. (Zum Index unserer Exklusivserie über die Arbeitsbedingungen beim HILFSWERK).
Bei alleinig dieser einzigen Dienstnehmerin, wobei zahlreiche andere gleichgelagerte Fälle seitens DER GLÖCKEL durchrecherchiert und nachgerechnet wurden, macht die Forderung für den gesamten Beschäftigungszeitraum mindestens 5.741,97 € aus!
In der letzten Tagsatzung hatte das als Arbeits- & Sozialgericht berufene Landesgericht Korneuburg nach Erörterung und Vorbringen der Sachlage die seitens der beklagten Partei beantragte Abweisung der Klage abgelehnt. Statt dessen wurde dem NÖ HILFSWERK seitens des Gerichts aufgetragen alle Dienstpläne der ehemaligen mobilen Pflegehelferin zu übermitteln damit der Nachweis der Forderung aufgeschlüsselt erbracht werden kann.
Diese Gerichtsverhandlung fand am 25.10.07 am LG Korneuburg statt und auf Seite 7 des Gerichtsprotokolls steht diesbezüglich wie folgt geschrieben:
1.) Der beklagten Partei (Anm. d. Red.: NÖ HILFSWERK) wird die Vorlage der Dienstpläne der Klägerin für den gesamten Klagszeitraum bis 30.11.2007 aufgetragen.
Faksimile aus dem Gerichtsprotokoll GZ: 34 Cga 119/07t vom Arbeits- & Sozialgericht Korneuburg
An die Pflegefachkraft wird dann die Aufforderung gerichtet, unter Zuhilfenahme dieser Dokumente ihre Forderung „mittels Schriftsatzes“ bis 20.12.2007 aufzuschlüsseln und dem Gericht zu übermitteln.
Dann kam die erste unerwartete Reaktion: Über 5 Wochen hatte das NÖ HILFSWERK somit Zeit die Dienstaufzeichnungen dem zuständigen Gericht zu übermitteln. Anstelle der Dienstpläne wurde jedoch datiert mit 30.11.2007 an das Gericht ein Fristerstreckungsantrag von der „Sozialeinrichtung“ gerichtet. Die juristische Vertretung vom NÖ HILFSWERK, CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH teilt darin mit, daß „noch nicht alle Unterlagen aufgefunden werden konnten und die dafür verantwortliche Mitarbeiterin des NÖ Hilfswerkes derzeit erkrankt ist.“ Es wird um eine Verlängerung der Frist von 7 Werktagen ersucht. Im Zeitalter der EDV, wobei wir auch in Kenntnis darüber sind, daß die Dienstpläne alle in dieser erfaßt sind, und zusätzlich des Zeitfensters von über 5 Wochen, ein Vorgang der ohne Kommentierung alleine für sich spricht!
Faksimile aus dem Fristerstreckungsantrag vom NÖ HILFSWERK (CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsnwälte GmbH)
Die 7 Tage verstreichen ohne, daß die Unterlagen kommen – am 12.12.2007 wird uns auf Nachfrage bei der juristischen Vertretung der Pflegehelferin (Kanzlei FREIMÜLLER – NOLL – OBEREDER – PILZ) mitgeteilt, daß die Unterlagen nun endlich eingetroffen sind. Nachdem der Herausgeber von DER GLÖCKEL die rechtswidrige Anwendung der sogenannten „Auslastungsquoten“ im Zuge seiner Recherchen aufdeckte und in die Öffentlichkeit brachte, war es auch der Journalist Walter Egon GLÖCKEL, der gemeinsam mit der Pflegehelferin diese Dienstpläne – Plan für Plan – durcharbeitete. Dann kam das schier Unfaßbare, denn nicht nur, daß diese das EDV-Ausdruckdatum 5. + 6.12.2007 aufweisen, handelte es sich gar nicht um die tatsächlichen Dienstpläne, sondern um die sogenannten „Erstausfertigungen“. Das sind jene Dienstpläne, die wöchentlich im voraus erstellt werden, aber keinesfalls mit der dann tatsächlichen Dienstverrichtung übereinstimmen, da es fast täglich zu Änderungen und Verschiebungen hinsichtlich Dienst, Patienten und somit auch Einsatzörtlichkeiten in der Realität kam und kommt. Wäre man der Ansicht, daß dies schon eine Ungeheuerlichkeit darstellt, so kann die Krönung „der Erfüllung eines gerichtlichen Auftrages“ darin gesehen werden, daß es das NÖ HILFSWERK dabei zusätzlich unterließ dem Gericht die gesamten erforderlichen Dienstpläne zu übermitteln. Für das Jahr 2006 fehlten alle ab dem 29.5. bis Dienstende (Austritt Oktober) – für 2005 fehlte Juni bis Dezember – das sind alleine schon 7 Monate! und für 2004 fehlte eine Arbeitswoche.
Faksimile aus einem dem Gericht vorgelegten Dienstplan vom NÖ HILFSWERK. Laut diesem hätte die Dienstnehmerin am 18.1.2006 beim Frühdienst 5 Patienten zu betreuen gehabt. Der Arbeitskalender und die Pflegeprotokolle belegen jedoch, daß es tatsächlich 8 Patienten waren. Der zweite markierte Tag, der 19.1.2006 weist aus, daß die Pflegefachkraft „Dienstfrei“ hat. Tatsächlich jedoch arbeitete sie und war bei 6 Patienten tätig. Dies ist auch durch das Zeitprotokoll vom NÖ HILFSWERK und der Lohnabrechnung belegt.
Die Rechtsanwaltskanzlei der Pflegefachkraft bringt, nachdem eine exakt an Hand der Realarbeitszeiten vorgenommene Gegenüberstellung vom Journalisten GLÖCKEL und der Klägerin dokumentarisch unter Beifügung derer Dienstaufzeichnungen und Zeitprotokolle vom HILFSWERK für mehrere Arbeitstage angefertigt wurde, gegenüber dem Gericht wie folgt unter Beifügung aller vorhandenen Dokumente im Schriftsatz vom 10.1.08 zum Ausdruck:
Die vorgelegten Dienstpläne sind daher nicht geeignet, die Arbeitsleistung der Klägerin zu dokumentieren bzw. einen Nachweis dafür zu erbringen, welche Patienten von der Klägerin an welchen Wohnorten mit welcher Betreuungsdauer betreut wurden. Die vorgelegten Dienstpläne der beklagten Partei sind daher für den gegenständlichen Sachverhalt gänzlich unbrauchbar und entsprechen in keinem Punkt den tatsächlichen Leistungen der Klägerin für die beklagte Partei. Auffallend ist auch, dass diese Dienstpläne auch nicht mit der von der beklagten Partei durchgeführten Zeitdokumentation (diese Zeitdokumentation ist Basis für die Abrechnung der Klägerin) übereinstimmen.
Die beklagte Partei ist sohin offensichtlich dem gerichtlichen Auftrag nicht nachgekommen.
Am 18.1.08 findet nun die 2. Tagsatzung am Arbeits- & Sozialgericht Korneuburg statt. Mit Interesse wird verfolgt werden, wie das Gericht diese „Erfüllung“ des von ihm an das HILFSWERK gerichteten Auftrages beurteilt.
Journalist GLÖCKEL, der selbst als Zeuge in diesem Verfahren benannt wurde, zu diesem Sachverhalt: „Einen gerichtlichen Auftrag in solch einer Form nachzukommen, grenzt ja fast schon an die Verhöhnung der Gerichtsbarkeit. Daß jedoch, die Netzwerke politisch orientierter Gruppierungen anders funktionieren, hat man im Zuge der Exklusivserie zu den Arbeitsbedingungen beim HILFWERK bereits mehrfach feststellen können. Es bleibt zu hoffen, daß auch dieser Richter erkennt, wie und mit welchen Methoden dort gearbeitet wird“.
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