Langsam stoßen wir in der Causa „Pflegenotstand aus der Sicht des Pflegepersonals“ beim HILFSWERK auf Inhalte, die einem Drehbuch zu einem Roman entsprungen sein könnten. Aber wir dokumentieren keinen Roman, sondern Realität. Es gilt weder etwas zu beschönigen, noch schlimmer darzustellen, als sich die Sachlage real präsentiert. Aufgrund des in Folge geschilderten Sachverhaltes und dem Umstand, daß das NÖ HILFSWERK bereits eine Klage wegen „Unterlassung“ und „Widerruf“ mit einem Streitwert von 36td Euro gegen uns eingebracht hat, werden wir künftig eine geänderte Vorgangsweise in publizistischer Sicht vornehmen. Wenn wir der Organisation einen Sachverhalt zur Stellungnahme übermitteln, werden wir dies erst zeitgleich mit der einschlägigen Veröffentlichung tätigen. Auch wenn diese Maßnahme ungewöhnlich erscheinen mag, so bedienen wir uns nur der entsprechender Mittel, die aus unserer Sicht angemessen sind um auf die Handlungen des HILFSWERK entsprechend zu regieren und vorbeugend zu wirken. Immerhin gilt es auch zu einem späteren Zeitpunkt dem Gericht im Zuge des Prozesses Abläufe und Reaktionen klar und eindeutig aufzuzeigen.
Zu dem Fall der Dienstnehmerin im mobilen Pflegedienst, HERMINE – Pflegehelferin (Name v. d. Redaktion geändert), deren Schicksal in der Reportage: „Die geraubten Perspektiven nach einem arbeitserfüllten Leben“ publiziert wurde, gibt es neue und weitere bemerkenswerte Feststellungen zu machen.
Bei unserem Interview am 1.9.06 gab HERMINE an, daß das sogenannte Zeitprotokoll für den Monat Juli 06 bereits von ihr in dem Fach, das für jeden einzelnen Dienstnehmer auf der Dienststelle vorhanden ist, als existent in der 2. Augustwoche festgestellt und dort belassen wurde. Am 4.9. veröffentlichten wir den Prolog zu der Exklusivserie. Im Zeitraum 4. bis 6. September konfrontierten wir nachweislich, auch mehrmals schriftlich, folgende Stellen des HILFSWERK mit Anfragen zu Sachverhalten, die auch diese Dienstnehmerin betrafen: Die Pressestelle der Österreich-Organisation, die Landespressestelle NÖ, die Einsatzleitung, die Betriebsleitung, die leitende Diplomgesundheitskrankenschwester sowie die Betriebsratsvorsitzende. Den zuständigen Stellen des HILFSWERK ist unter Ausweisung des Namens der Dienstnehmerin (die zuvor ihr Einverständnis dazu gab) aus einigen Anfragen natürlich bekannt, daß diese eine der Personen ist, die mit unserer Redaktion in Verbindung steht.
Die sogenannten Zeitprotokolle, in denen Arbeitsaufzeichnungen der einzelnen Dienstnehmer ausgewiesen sind, die auch Krankenstand- und Urlaubstage oder auch Fortbildungseinheiten beinhalten, werden immer jeweils im darauffolgenden Monat ausgedruckt und den Beschäftigten mittels Deponierung im Fach auf der eigenen Dienststelle übermittelt. Nachdem jedoch HERMINE durch den Dienstgeber als eine Quelle für unsere Reportagenserie verifiziert wurde, die jetzt aber selbst juristisch mit Vertretung mit der NÖ ARBEITERKAMMER gegen das HILFSWERK vorgeht um Entlohnungen zu erhalten, die ihr gesetzlich zustehen (Auskunft der NÖ ARBEITERKAMMER), geschah Seltsames. Obwohl HERMINE bereits das Zeitprotokoll für den Monat Juli 06 im August in ihrem Fach vorfand, war jenes bei der Abholung am Montag, den 25.9. mit einem Erstellungsdatum vom 8. September versehen. Das Zeitprotokoll für den Monat August, in dem sich HERMINE nach ihrem Dienstunfall gänzlich im Krankenstand befand, weist das Erstellungsdatum vom 18.9. aus.
Also ein Arbeitsnachweis, der plötzlich offensichtlich „neu“ und nachträglich, zu einem Zeitpunkt, als das HILFSWERK in Kenntnis einer medialen Konfrontation steht, auftaucht, fordert besondere Aufmerksamkeit. Und der journalistische Spürsinn sollte nicht unbelohnt bleiben. Denn tatsächlich scheint es zu einer „Überarbeitung“ des Zeitprotokolls gekommen zu sein. Wie ist es sonst erklärbar, das jenes Protokoll welches den Monatsabschluß Juni 06 beinhaltet, einen Saldo von 32 zustehenden Urlaubstagen enthält und plötzlich, ohne jegliche Urlaubskonsumation, das vom Juli 06 nur noch 28 Tage zeigt. Dieser Saldo an Urlaubstagen wurde dann ebenso in das Protokoll vom August 06 übernommen. HERMINE wurden somit 4 Urlaubstage kommentarlos gestrichen. Die Kündigung der mobilen Pflegehelferin wurde jedoch erst mit Datierung vom 24. August 06 an sie übermittelt und mit diesem Datum per Wirksamkeit vom 31.10.06 ausgesprochen. Folglich hätte sich ein durch die Kündigung ggf. verminderter Erholungsurlaubsanspruch erst im Zeitprotokoll vom August finden können/sollen?
Natürlich haben wir in Folge minutiös alle Zeitprotokolle bis ins Jahr 2005 überprüft. Dabei stellte sich dann heraus, daß im März 06 HERMINE von der Einsatzleiterin 3 einzelne nicht aneinandergereihte Tage an denen sie laut ihren Angaben nur „Dienstfrei“ hatte, als Urlaubstage in Abzug gebracht wurden und zwar von dem ihr zustehenden Erholungsurlaub. (14.3. + 21.3. + 23.3.) HERMINE ist davon ausgegangen, daß es sich um völlig „normale dienstfreie Tage“ handelt und belegt dies auch mit ihrem Arbeitskalender. Dort sind von ihr beantragte und als Urlaubstage konsumierte freie Tage auch eindeutig als solche mit einem „U“ gekennzeichnet. Bei den besagten 3 Tagen machte sie zur Kennzeichnung des „dienstfreien“ Arbeitstages lediglich einen „Strich“. HERMINE, auf diesen Sachverhalt von uns angesprochen, gibt an: „Scheinbar, wenn zu wenig Kunden da sind, daß die Sollarbeitszeit nicht erreicht wird, oder keine Gutstunden da sind, wurde ein Urlaubstag von der Einsatzleiterin eingetragen.“ Weitere Beschäftigte gaben auf unser Befragen hin an, daß im Falle von mangelnder Arbeit, seitens der Einsatzleitung dann der Konsum ihrer „Gutstunden“ vorgeschrieben wurde.
Was nun HERMINE betrifft, wurde sie nach ihrem Krankenstand per 27.9. wieder arbeitsfähig geschrieben. Die Schulter, verletzt durch den Arbeitsunfall, schmerzt sie zwar noch zeitweilig und sie muß täglich noch ein Medikament für ihr psychisches Gleichgewicht zu sich nehmen, aber sie wollte unbedingt wieder zu den Menschen mit denen sie täglich zu tun hatte. Wen verwundert dies bei einem herzlichen Menschen, der fast das halbe Leben mit der Betreuung von bedürftigen Personen zum Inhalt hatte? Aber der Arbeitseinsatz wurde ihr verwehrt. Vergangene Woche hat die Betriebsleiterin ihr angeraten die Gutstunden zu konsumieren und bei der Einsatzleiterin sprach sie vor, um für den kommenden Montag, den 2.10. für den Dienst eingeteilt zu werden. Doch das will das HILFSWERK ganz offensichtlich nicht mehr, denn zahlreiche Telephonate folgten, um HERMINE dazu zu bewegen, von einer Dienstverrichtung Abstand zu nehmen. Die Betriebsleiterin (Name der Redaktion bekannt) wollte unbedingt ein Gespräch bei angebotenen Kaffee mit ihr vereinbaren, das sie jedoch ausschlug. Zuerst sollte sie ihre „Gutstunden“ konsumieren und andererseits dann zu einer Besprechung kommen (?!). HERMINE verwies alleinig auf den schriftlichen Weg und teilte der Betriebsleiterin mit: „Ich komme nicht zur Besprechung, Sie haben mich gekündigt wie ein Stück Dreck.“ Sie wollte nur ab Montag wieder normal arbeiten gehen.
Nein, die „Nestbeschmutzerin“ ist nicht mehr erwünscht, das Schloß auf der Dienststelle wurde laut Angaben der Kolleginnen ausgetauscht und von der Einsatzleiterin die Empfehlung/Aufforderung an das Personal der Dienststelle abgegeben nicht mehr mit ehemaligen MitarbeiterInnen zu sprechen. Am 29.9. traf dann ein eingeschriebener Brief der Landegeschäftsstelle NÖ HILFSWERK bei HERMINE ein, in dem ihr wie folgt mitgeteilt wird: „Wir teilen Ihnen mit, daß Sie gegen Bezahlung des Entgeltes ab 2. Oktober vom Dienst freigestellt sind. Eventuell noch offene Resturlaubsansprüche und/oder Mehrleistungen werden bei der Endabrechnung abgefunden.“
Zu der Sachverhaltsschilderung über die Wahrnehmungen beim Zeitprotokoll sowie den 3 in Abzug gebrachten Urlaubstagen im März 2006 durch die Einsatzleiterin haben wir entsprechende Anfragen an die Pressestelle sowie die Einsatzleitung gerichtet über deren Antwort wir selbstverständlich berichten werden.
Anm.: 10/2007 Diese sind wie alle weiteren Anfragen unbeantwortet geblieben.
Bildlegende v.l.n.r.-v.o.n.u.:Faksimile der Dienstfreistellung vom NÖ HILFSWERK für die mobile Pflegehelferin
Faksimile vom Zeitprotokoll Juni 06, datiert: 25.7.06 mit einem ausgewiesenen Erholungsurlaubsanspruch von 32 Tagen
Faksimile vom Zeitprotokoll Juli 06, datiert: 8.9.06 mit einem ausgewiesenen Erholungsurlaubsanspruch von 28 Tagen Faksimile vom Zeitprotokoll August 06, datiert: 18.9.06 mit einem ausgewiesenen Erholungsurlaubsanspruch von 28 Tagen
Faksimlie vom Zeitprotokoll März 06 mit 3 in Abzug gebrachten Erholungsurlaubstagen
Faksimile vom Dienstkalender mit „Strich-Kennzeichnung“ für dienstfreien Tag
Faksimile vom Dienstkalender mit „U 5“ Urlaubskennzeichnung (Anm.: „U“ für Urlaub „5“ für die Stundenanzahl des Arbeitstages)
Faksimile vom Zeitprotokoll mit der Verminderung des Urlaubsanspruches im März von 41 auf 38 Urlaubstage Zur Vergrößerung gelangen Sie durch Mausklick auf die jeweilige Abbildung der Zeitprotokolle
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(1-10-06)